Russische Umweltschützer verklagen den Staat wegen unzureichender Maßnahmen gegen CO2-Ausstoß
Bohrplattform, Foto von Johannes Havn
In einer bemerkenswert mutigen Aktion haben russische Umweltschützer den russischen Staat verklagt, weil dieser seine Klimaziele, wie im Pariser Abkommen von 2015 zugesagt, nicht einhält und zu wenig gegen den CO2-Ausstoß unternimmt. Das russische Verfassungsgericht hat die Klage erstmals angenommen, was bemerkenswert ist.
Die Klage gegen den Staat wird von der Umweltorganisation „Ecodefense“ angeführt, die bereits seit den 1990er Jahren in Russland aktiv ist. Die Organisation argumentiert, dass die russische Regierung nicht nur ihre internationalen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen nicht einhält, sondern auch die Rechte der russischen Bürger auf ein gesundes und sicheres Umfeld gefährdet. Sie fordert von der Regierung konkrete Schritte, um die Emissionen signifikant zu reduzieren und nachhaltige Entwicklung zu fördern.
CO2-Bilanz Russlands
Russland hat sich im Rahmen des Pariser Abkommens verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 25 bis 30 % im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Diese Ziele sind im globalen Kontext bereits relativ unambitioniert. Russland ist weltweit der viertgrößte Emittent (nach China, den USA und Indien) von Treibhausgasen. Laut dem Global Carbon Project betrug der CO2-Ausstoß des Landes im Jahr 2022 etwa 1,5 Milliarden Tonnen. Dies macht etwa 4,5% der globalen Emissionen aus. Trotz internationaler Verpflichtungen hat Russland seine Emissionen seit der Unterzeichnung des Pariser Abkommens kaum reduziert. Kritiker werfen der Regierung vor, mehr Wert auf die Förderung fossiler Brennstoffe als auf die Entwicklung erneuerbarer Energien zu legen. Die Förderung von fossilen Energien ist ein zentrales Element der russischen Wirtschaft. Erdöl und Erdgas machten 2021 etwa 14% des Bruttoinlandsprodukts aus und rund 40% der Staatseinnahmen. Zudem ist Russland einer der größten Exporteure von Erdgas weltweit.
Politische Risiken
Die Klage der Umweltschützer ist in Russland äußerst riskant. Die russische Regierung ist bekannt dafür, gegen Kritiker hart vorzugehen. Viele Umweltaktivisten wurden in der Vergangenheit bedroht, inhaftiert oder mussten ins Exil gehen.
Die Verfolgung von Umweltschützern in Russland ist kein neues Phänomen. Organisationen, die sich kritisch zur Umweltpolitik äußern, werden oft als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt. Dies erschwert ihre Arbeit erheblich, da sie mit bürokratischen Hürden und einem schlechten öffentlichen Image zu kämpfen haben. Zudem werden Umweltaktivisten häufig überwacht und ihre Aktivitäten eingeschränkt.
Wie im Fall von Wladimir Slivjak, Mitbegründer der russischen Umweltorganisation Ecodefense, der wegen drohender Inhaftierung nach Deutschland fliehen musste. Ebenso erging es der Umweltaktivistin Alexandra Korolewa, die Ecodefense leitete und wegen wiederholter Drohungen und Strafanzeigen in Deutschland im politischen Asyl lebt. Slivyak kommentierte die Klage wie folgt: „Es ist unerlässlich, dass Russland seine Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens ernst nimmt. Der Klimawandel stellt eine existenzielle Bedrohung dar, und es ist unsere Pflicht, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen.“
Andere Länder haben bereits gezeigt, dass Klimaklagen erfolgreich sein können. In der Schweiz beispielsweise führte eine Klage von Seniorenverbänden und Umweltschutzgruppen zu einer gerichtlichen Anerkennung, dass der Staat mehr tun muss, um seine Klimaziele zu erreichen.
Fazit
Die Klage der russischen Umweltschützer gegen den Staat ist ein mutiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel und für die Einhaltung internationaler Verpflichtungen. Sie wirft ein Schlaglicht auf die schwierige Lage von Umweltaktivisten in Russland und die dringende Notwendigkeit, globale Emissionen zu reduzieren. Es wäre naiv zu glauben, dass sich der russische Staat durch Klimaklagen davon abhalten lassen wird, weiterhin massiv auf die Förderung und den Export fossiler Energien zu setzen, allein schon um in großem Stil die Kriegskasse kontinuierlich zu füllen. Doch dass das Verfassungsgericht die Klage immerhin angenommen hat, bleibt bemerkenswert und es ist zu hoffen, dass es den vielen unterdrückten Menschenaktivisten in ihrem bemerkenswerten Widerstand gegen Unterdrückung und staatliche Willkür durch den russischen Staatsapparat, Mut macht und sie bestärkt nicht aufzugeben.
Ein Ausschnitt von der Website von Ecodefense Russia.
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