Feierlaune wegen früherem Kohleausstieg – Sachsens Minister ist begeistert

Die G7 einigen sich auf ein Kohle-Aus im Jahre 2035. Diesen Beschluss sollten alle feiern - tun es aber nicht. Sachsens Umweltminister dagegen zeigte sich erfreut und widersprach seinem Chef

Die Lichter werden nicht ausgehen, auch wenn der Strom nicht mehr durch Verbrennung der Kohle kommt. Die einstigen deutschen Kohlebetreiber sind längst beim Umbau ihrer Konzerne, hin zu einer Transformation zu Lieferanten von Erneuerbaren Energien und alternativen Energieformen.

Was sagt man dazu? Nun haben die G-7 Staaten einen noch ambitionierteren Plan zum Kohleausstieg als die Bundesrepublik formuliert. Demnach soll im Jahr 2035 mit der klimaschädlichen Kohleverstromung Schluss sein. Das haben die Vertreter der führenden sieben westlichen Industrienationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und USA) bei ihrem Treffen der Umwelt- und Energieminister am 30.4.2024 in Turin erklärt.

Der G7-Beschluss sei deswegen so bedeutend, weil auch Japan und die USA, die wie auch Deutschland noch zu einem substantiellen Anteil von Kohlestrom abhängen, sich zu dem vorgezogenen Kohle-Aus bekannt hätten, sagte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. „Dadurch schwenken die G7 alle auf den Pfad von Klimaneutralität 2050 ein.“ Klimaneutralität bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden, als auch wieder gebunden werden können.

Kohle war lange eine günstige Quelle um Strom zu erzeugen, aber sie ist nun mal umwelt- und klimaschädlich. Dem haben sogar die G7-Länder Rechnung getragen und beschlossen, dass für sie 2035 Schluss mit der Kohleverstromung ist. Wir in den G7-Ländern sind besonders gefragt. Denn es ist und bleibt der Lebensstil der allermeisten in der industrialisierten Welt, die zur Klimaerwärmung beitragen. 100 Unternehmen sind für 71% der weltweit ausgestoßenen Klimagase verantwortlich sind und das sind mehrheitlich Unternehmen, die auf fossile Energien, wie Gas und Öl, aber auch Kohle setzen, so der Carbon Majors Report.

Auch Deutschland hat sich in Turin für ein Vorziehen des Kohle-Aus auf 2035 stark gemacht.

„Der Ausstieg gehöre zu den wichtigsten Maßnahmen für den Klimaschutz“ bewertete Umweltministerin Steffi Lemke im MDR den Beschluss: „Es sei gut, dass die stärksten Industrienationen dieser Welt hier eine Einigung erzielt hätten.“

Der britische Staatssekretär Andrew Bowie sprach von einer historischen Einigung. Nicht alle reagierten auf die Ankündigung indes so euphorisch. In den deutschen Bundesländern Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt gibt es teils starke Vorbehalte gegen einen früheren Ausstieg, denn noch immer hängen viele Arbeitsplätze in diesen Regionen an der Förderung und Verstromung der Braunkohle.

Die Ministerpräsidenten von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer und Dietmar Woidke, wollen am festgesteckten Ziel, 2038 aus der Braunkohle auszusteigen, festhalten. Man habe gemeinsam den Braunkohleausstieg bis 2038 verhandelt, „auch deshalb, weil uns die Interessen der Region wichtig waren“, gab Kretschmer zu bedenken. Deutschland sei ein Rechtsstaat und es gebe ein Gesetz zum Kohleausstieg 2038, sagte der CDU-Politiker. Wenn man das ändern wolle, müsse das mit der Bevölkerung in den Regionen und den politisch Verantwortlichen besprochen werden.

Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther unterstrich. „2038 war und ist keine Bestandsgarantie für die Kohle“, sagte der Grünen-Politiker laut Mitteilung auf der Kurznachrichtendienst X zum G7-Beschluss. In Deutschland laufe der Kohleausstieg „marktgetrieben“.  Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigte sich überzeugt, dass eine neue Vereinbarung für die ostdeutschen Reviere nicht nötig sei. Mit der Verknappung der Zertifikate im europäischen Emissionshandel werde die Braunkohle so teuer, dass sie damit aus dem Markt gedrängt werde, womit der Markt das Problem regeln würde. Man benötigte dazu kein neues Kohleausstiegsgesetz.

Die Kohleunternehmen selbst wüssten das und bewegten sich in Riesenschritten nach vorn beim Ausbau der Erneuerbaren.“, betonte Günther. „Jedes Jahr früher, mit dem das Verfeuern der klimaschädlichen Kohle endet, ist ein gewonnenes Jahr für den Klimaschutz.“

Wolfram Günther: "Wir müssen schnellstmöglich weg von der Kohle"

Wolfram Günther, Sächsischer  Energie- und Klimaschutzminister, hat sich klar zum Ausstieg zur Kohle bekannt. Das wurde gerade mal 137mal auf der Plattform X geliked. Nicht gerade viel – hätte der Minister da nicht ein wenig mehr Zuspruch verdient? Quelle: Screenshot vom X-Account von Günther, Stand. 6.5.2024

Für das Klima und die Weltgemeinschaft ist der G7-Beschluss zum Kohle-Ausstieg ein immens wichtiger Schritt, dennoch müssen die betroffenen Regionen – wie hier in Deutschland mitgenommen werden – nur auf den Markt zu setzen, greift unter Umständen zu kurz.

In den traditionellen Kohlerevieren in Nordrhein-Westfalen hat man sich bereits für einen Ausstieg bis 2030 entschieden. Finanziell kräftig unterstützt, denn der dort federführende RWE-Konzern in Nordrhein-Westfalen erhält vom Bund 2,6 Milliarden Euro Entschädigung. Das ist auch als Unterstützungsleistung für die Renaturierungsarbeiten, die den Kohlebetreibern unterliegen, gedacht. Denn es sind die Tagebaubetreiber, die begangene Umweltschäden beheben und das Gebiet wieder bebaubar machen müssen. In den ostdeutschen Bundesländern war eine ähnliche Einigung mit der LEAG geplant, doch der Deal kam bislang noch nicht zustande.

Die ehemalige Kohleriese LEAG ist einer der größten Strombetreiber Deutschlands und investiert derzeit viel Geld in Erneuerbare Energien, plant gigantische Wind- und Solarparks, die auch in Zukunft Gewinne bringen sollen. Die Kohle aber wird in eine operativ eigenständige Gesellschaft unter dem Dach der LEAG-Holding ausgegliedert. Umweltverbände fürchten, dass damit eine Bad-Bank-Kohlegesellschaft gegründet wird, eine nicht rentable Unternehmenssparte, die bewusst bankrott gehen könnte, sollte sich das Geschäft mit der Kohleverstromung nicht mehr lohnen. Damit würde sie dann aber auch nicht mehr für die Kosten der Renaturierung aufkommen müssen.  

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